Die Wandinstallation „Untitled“ von Liav Mizrahi ist die
dritte Außenarbeit, die speziell für die art-lodge geschaffen wurde. An der
hölzernen Außenwand des alten Tischlerschuppens formen sich Antennenkabel zu
zwei betenden Händen – als Hommage an Albrecht Dürers Zeichnung, eines der meist
reproduzierten Bilder, dessen Original sich in der Sammlung der Wiener
Albertina befindet. Zwei männliche Hände, Handfläche an Handfläche betend und
sich gegenseitig stützend, den (nicht sichtbaren) Körper nach rechts gewandt.
Über den Händen ist ein Satz in Hebräisch zu sehen: “Na Nach
Nachma Nachman Meuman”. Es ist ein kabbalistisches Mantra, das sich auf Rabbi
Nachman bezieht, den Gründer der chassidischen Breslov Gruppe, die heutzutage
einige Popularität besitzt und als die „Na Nachs“ bekannt ist: Ihre
(ausschließlich männlichen) Anhänger unterscheiden sich von gewöhnliche
orthodoxen Juden dadurch, dass sie in den Straßen von Tel Aviv, Jerusalem und
anderen israelischen Städten um ihre mit dicken Musikboxen bestückten und bunt
bemalten Kleintransporter zu dröhnender Techno-Trance-Musik tanzen – mit dem
Ziel, Juden wie Nichtjuden eine fantastische Zeit zu bescheren.
Mit der Kombination dieser beiden Elemente provoziert Liav
Mizrahi eine Kollision und schafft gleichzeitig eine eigenständige Harmonie:
Die Hände im Gebet, asketisch und demütig einerseits, das exzessive und
einladende Gebaren der „Na Nachs“ andererseits – beide repräsentieren das
menschliche Streben nach universeller göttlicher Gnade, beide auf ihre eigene
magische, mystische Weise.
Genauso relevant wie die Symbolik der Arbeit sind Größe und
Technik: Das zeitgenössische, einfache Material (Antennenkabel), angelehnt an
Popkultur und Street-Art, trifft auf die pittoreske Landschaft. So schafft Liav
Mizrahi eine ambivalente Gedankenwelt: Hier fühlt man sich Gott näher als
anderswo – und findet sich gleichzeitig allein „in the middle of nowhere“.
Liav Mizrahi wurde 1977 in Haifa / Israel geboren und lebt
und arbeitet in Tel Aviv. Er hat an der Universität in Haifa und der
Kunsthochschule Midrasha in Beit-Berl Malerei studiert und war u.a. Gaststudent
an der Düsseldorfer Kunstakademie bei Herbert Brandl. Als Künstler, aber auch
als Lehrer an einer Kunstschule und als Kurator ist er aktiver Teil der jungen,
vielfältigen und überaus spannenden israelischen Kunstszene, die weder in den
Ausdrucksformen noch in ihren Themen festgelegt ist, aber deren Streben nach Anerkennung
und Selbstbestimmung in sexuellen, religiösen oder ethnischen Belangen deutlich
erkennbar ist. In seinem vielschichtigen und themenreichen Werk beschäftigt er
sich auch immer wieder mit Mythen, religiösen Fragen und dem Dualismus der
Kulturen und Bildsprachen in der nahöstlichen und der westlichen Welt.
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